Durchweg erfreulich: Greifswalder sind sehr aktiv

Wissenschaftler der Fachhochschule für Sport und Management Potsdam haben herausgefunden, dass die Greifswalder eine hohe Aktivitätsquote haben. Sie raten der Stadt, deutlich in neue und alte Sportstätten zu investieren. 

Greifwald. Radfahren, Fitnesstraining, Joggen und Fußball: Die Greifswalder sind im deutschlandweiten Vergleich echte Sportskanonen. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler vom Institut für kommunale Sportentwicklungsplanung an der Fachhochschule für Sport und Management Potsdam.

Das Institut wurde von der Hansestadt beauftragt, eine Sportentwicklungsplanung zu erarbeiten. „Sie soll zum Leitfaden für die nächsten zehn Jahre werden“, sagt Oberbürgermeister Stefan Fassbinder (Grüne). Die letzte stammt aus dem Jahre 1992. Die neue Studie der Forscher legt aber ebenso offen: Will die Stadt den Bedürfnissen ihrer Einwohner Rechnung tragen, muss sie dringend in Sportanlagen investieren. Das schließt sowohl Werterhaltung als auch Neubauten ein, wie eine Analyse vorhandener Gebäude und Plätze ergab.

Denn Fakt ist: „Die Greifswalder haben – vom Kind bis zum Senior – wirklich eine hohe Aktivitätsquote“, konstatiert Sportwissenschaftler Prof. Jürgen Rode in einer ersten Zwischenbilanz. Diese Einschätzung basiert auf einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung, an der im Frühjahr 1555 Menschen teilnahmen. 23 Prozent der Befragten seien in Sportvereinen aktiv. „Da sich sehr große Vereine beteiligt haben, können wir damit zwei Drittel aller Vereinsmitglieder in Greifswald abbilden“, verdeutlicht Rode.

Auffallend: Die einst klassischen Motive für sportliche Aktivität wie Erfolg, Wettkampf und Leistung werden durch körperliches Wohlbefinden, Gesundheit und Spaß abgelöst. 81 Prozent der Umfrageteilnehmer führen die Gesundheit ins Feld, wenn es um die Frage geht, weshalb sie ihre Turnschuhe schnüren. Ein deutschlandweiter Trend, so Rode, der auf fast zeitgleiche Befragungen in acht Bundesländern verweist: Das Institut kann aktuell auf vergleichbare Daten von 14.500 Menschen zurückgreifen.

Allerdings gehe der Wille, dem Körper etwas Gutes zu tun, noch nicht mit der Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) konform. Demnach müssen wir mindestens 150 Minuten pro Woche moderat schwitzen, soll sich die Aktivität tatsächlich positiv auswirken. Eine gesundheitsrelevante Belastung erreichen aber nur 49 Prozent der Greifswalder Umfrageteilnehmer. „Das wiederum ist bundesdeutscher Durchschnitt“, sagt Rode. Nach seiner Auffassung spreche vieles für eine Vereinsmitgliedschaft, „weil sich die Aktiven dann bewegungsorientierter verhalten“. Mit anderen Worten: In der Zukunft gehe es nicht mehr nur um eine Aktivität schlechthin, sondern zunehmend auch um einen höheren Belastungsumfang.

Spannend auch: Die Sport- und Bewegungsaktivitäten der Greifswalder finden überwiegend im Wald und in Parkanlagen, auf Straßen und Radwegen statt. „Orte, die nicht für den Sport gebaut wurden, sind damit am wichtigsten. Deshalb sollte Greifswald überlegen, wie diese weiter aufzuwerten sind“, empfiehlt Rode und verweist zugleich auf die Wünsche der Greifswalder: Demnach landet der Bau weiterer Radwege auf Platz 1, gefolgt vom Ausbau wohnortnaher Spiel- und Sportgelegenheiten und der Modernisierung von Sporthallen und -plätzen auf Platz 3.

Damit entspricht das Meinungsbild den tatsächlichen Gegebenheiten. Denn im Zuge der Sportstättenanalyse machten die Gutachter immerhin „in fünf Turnhallen schwerwiegende Mängel aus, die den Bestand oder eine weitere Nutzung gefährden“, sagt Projektmanager Konstantin Heinrich Pape vom Institut für kommunale Sportentwicklungsplanung. Auf dieser Liste stehen die Hallen in der Siemensallee, Feldstraße, im Usedomer Weg, Puschkinring und Trelleborger Weg. Neun der 21 untersuchten Sporthallen indes seien qualitativ gut mit keinen oder unbedeutenden Mängeln. Sieben Gebäude seien „im Wesentlichen brauchbar, erforderten jedoch umfangreiche Renovierungsarbeiten“. Zudem habe die Analyse gezeigt, dass es in der Stadt zu wenig Turnhallen gebe. „Für den Vereinssport fehlen 1100 Quadratmeter Hallenfläche, das entspricht einer Dreifeldhalle zuzüglich einer wettkampfgeeigneten Zweifeldhalle“, erklärt Projektmanager Pape.

Damit nicht genug: Auch der Schulsport in Greifswald weise ein Defizit an Hallenfläche von rund 1400 Quadratmetern auf. Dabei seien bereits die geplanten oder noch im Bau befindlichen Gebäude, wie etwa das an der Caspar-David-Friedrich-Schule, berücksichtigt. Ganz konkret macht Pape Defizite an der Kollwitz- und an der Nexö-Grundschule aus. Nicht untersucht wurde die Sportsituation an Schulen freier Trägerschaft.

Nach Umfragen und Situationsanalyse planen die Potsdamer Wissenschaftler jetzt, die Ergebnisse mit Vertretern von Vereinen, Schulen und Kindertagesstätten in Workshops zu diskutieren. „Das erste Treffen dieser Art findet am 8. November statt“, sagt Pape. Danach erfolge die Endauswertung. Ziel sei es, der Stadt im Februar die Studie zu überreichen.

Im Sportausschuss stieß die Präsentation dieser ersten Ergebnisse auf großes Interesse. „Ich bin beeindruckt, wie viele Daten in relativ kurzer Zeit gesammelt wurden“, sagt Ausschussvorsitzende Mignon Schwenke (Linke). Auch Sportbundvorsitzender Bernt Petschaelis ist froh, dass nach 26 Jahren endlich wieder eine Sportplanung für Greifswald erarbeitet werde. Allerdings sehe er noch Verbesserungspotential: „Wir haben mit dem maritimen Sport in Greifswald ein Alleinstellungsmerkmal, das uns von anderen Städten unterscheidet. Das sollte auch in der langfristigen Planung zum Ausdruck kommen“, regt er an.

 

ostsee-zeitung.de vom 11.09.2018, Petra Hase

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